Здравейте!
Nun begrüße ich Euch hier also das erste Mal aus Sofia, meinem neuen Wohnort und potentiellen zu Hause. Seit fast schon einer Woche sind Lukas und ich nun bereits hier und haben schon viel gesehen, erfahren, kennengelernt. Nun will ich Euch an einigem ein wenig Anteil haben lassen.
Am Montag (20.August) ging die Reise für mich ca. 17 Uhr am Dresdner Hauptbahnhof los. Die Busfahrt war geprägt von den ersten Kontakten mit Bulgaren, Kyrillisch, der einen oder anderen Wehmuts-Welle und wachsender Vorfreude auf das, was mich bei der Ankunft erwartete. Wir sind sicher und recht schnell gefahren und waren so zwei Stunden eher als geplant in Sofia am Busbahnhof, wo wir von unseren zwei Freiwilligen-Vorgängern, Patrick und Samuel, abgeholt wurden.
Die Bulgaren, denen ich bisher begegnet bin, sind ganz wunderbar freundliche und kommunikative Leute. Hier auf Arbeit werde ich z.B. oft gefragt wie es mir geht ("Анна, как си?") trotzdem jeder Mensch hier wohl inzwischen weiß, wie es um mein Bulgarisch steht und dass ich ohnehin nur "gut" (добра) antworten kann. Dennoch freut mich die Frage jedesmal wieder, weil sie zeigt, dass ich hier angenommen werde und die Jugendlichen sich gern mit mir unterhalten würden (wenn ich denn könnte...)
Zwei kurze Anekdoten können darüber hinaus meinen bisherigen Eindruck vom Wesen der Bulgaren ganz gut veranschaulichen:
Meine Arbeit im Dom Konstantin macht mir bisher viel Spaß und fordert mich auch auf eine angenehme Art und Weise.
Das Haus ist in drei Etagen unterteilt. Im Dritten Stock leben ca 20 Kinder zwischen 8 und 18 Jahren, die aus armen Verhältnissen kommen oder (mindestens zum Teil) verwaist sind. Viele der Kinder sind allerdings momentan nicht da, weil die Schule hier erst Mitte September wieder anläuft und einige während der Ferien bei ihren Eltern sind. Im zweiten Stock leben dauerhaft Jugendliche (18-30 Jahre), die arbeiten oder noch zur Schule gehen und im ersten Stock befindet sich eine Art Nachtasyl für Jugendliche, die kein zu Hause haben. Um hier schlafen zu können müssen sie bestimmte Regeln einhalten und sich rechtzeitig in die Listen einschreiben.
Wir beiden Freiwilligen haben hier einige feste Aufgaben, denen wir regelmäßig gerecht werden müssen und können darüber hinaus recht frei über unsere Zeit verfügen. Was unsere Aufgaben im Einzelnen sind werde ich irgendwann später mal berichten. Dafür habe ich noch a) zu wenig Übersicht und b) zu wenig Erfahrung damit.
Sofia finde ich bisher eine sehr angenehme aber ausgesprochen zweigesichtige Stadt. Was ich bisher hier gesehen habe, hat sich in meinem Kopf zu einem Mosaik zusammengesetzt, das große Lust macht es weiter zu erkunden und dafür auch noch jede menge Potential hat. Bisher haben wir noch keinen klassischen Stadtrundgang gemacht (weil einfach viel zu warm für solche Poweraktivitäten ist), sondern waren "nur" an recht praktischen Orten wie z.B. auf dem Markt.
Mit Patrick und einer Sozialarbeiterin gemeinsam waren wir allerdings am Donnerstag in einem Romaviertel
(genannt Mahalla), was für mich bisher das mit Abstand beeindruckendste während meiner kurzen Zeit hier in Bulgarien war. Auf der einen Seite ist es wahnsinnig traurig zu sehen, wie
die Romas in diesen Vierteln in ihren Buden leben, oder vielmehr nur "existieren", zweijährige Kinder barfuß durch Scherben laufen und alles dreckig und runtergekommen
aussieht. Andererseits war es schön zu sehen, dass es wiedereinmal die Ärmsten der Menschen, die man kennenlernt, sind, die einem die meiste Herzenswärme entgegenbringen. So kann ich das Strahlen
der Kinder, als sie von Patrick oder Lukas in die Luft geworfen wurden, mit nichts an Glück vergleichen.
Morgen habe ich meinen ersten Bulgarisch-Unterricht, was vor allem jetzt, da die ehemaligen Freiwilligen abgereist sind und wir ihre Plätze einnehmen sollen, bitternötig ist. Zwar merke ich mit jedem Tag, dass ich ein paar Wörter mehr verwenden und ein paar Wortfetzen mehr verstehen kann, aber ich freue mich unglaublich darauf ab morgen so richtig in die Sprache "eingewiesen" zu werden.
Ihr lest und merkt: es geht mir gut hier. Mit jedem Tag gewöhne ich mich ein bisschen mehr an meine neue Umgebung und bin inzwischen wirklich froh hier zu sein und noch so viel Zeit zu haben. Zeit um zu lernen, zu spielen, zu lachen, zu reden, zu schauen, zu arbeiten, Heimweh zu haben, zu erkunden, traurig zu sein, zu fluchen, zu seufzen, wieder aufzustehen - zu LEBEN!
So verabschiede ich mich für heute und zeige euch unten noch ein paar erste Bilder von meiner alltäglichen
Umgebung.
Passt auf Euch auf, Ihr Lieben! Ich tu's auch.
Eure Anna
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Basti (Dienstag, 28 August 2012 20:45)
schön was zu lesen! :)
Thomas Blüthner (Mittwoch, 29 August 2012 17:44)
liebe Anna,schön von Dir zu lesen.Kämpfe und alles Gute von Tommy und Hedi.